Erkenntnisse über Macht und die Verfassungsbewegung

Die Darstellung von Macht sowohl von Max Weber in „Wirtschaft und Gesellschaft“ als auch von Ken Galbraith in „The Anatomy of Power“ bringen für mich neue Erkenntnisse über die Entstehung der Verfassung des Großherzogtums Hessen. Die Hoffnung war die Position der „Schwarzen“, die außerhalb des Machtapparats Staat agierten, besser zu verstehen. Woher haben sie die Macht gefunden, um für eine Verfassung zu kämpfen? Unerwartet wurde zusätzlich die Position des Großherzogs in ein neues Licht geworfen. Es ist für mich noch leichter zu Erkennen, wie sein Handlungsspielraum eingegrenzt wurde. Außerdem wird die Stellung der Regierungsbeamten im Verhältnis zum Herrscher auch klarer. An Hand von Machtspezifische Merkmale und Erkenntnisse kann man ihre Situation einordnen und beschreiben.

In den Texten von beiden Autoren kann man entnehmen, dass beide eine Art Evolution von Macht erkennen. Grobgesagt hat sich die Hauptquelle von Macht von persönliche Stärke über eine wirtschaftliche Stärke bis hin zu einer organisatorische Stärke, wobei es sich hier um eine organisierte Gruppe handelt. Im Laufe der Geschichte ist diese Entwicklung nicht linear sondern eher spiralförmig. Wenn man den relativen kurzen Zeitraum vom Mittelalter über die französische bis zur industriellen Revolution und der Moderne betrachtet gab es wieder eine Phase einer eher lineare Machtentwicklung.

Zur Zeit der Entstehung der Verfassung waren die Herrscher dabei die persönliche und militärische Macht des feudalen Systems zu verlieren. Sie müssten dabei nicht nur mit der stark aufkommenden wirtschaftlichen Macht des Bürgertums konkurrieren, sondern auch mit liberale Bewegungen, die die stärke der organisierten Macht auf neue Weise für sich entdeckten.

Bei Weber wird das durch seine Behandlung von Klassen, Stände und Parteien erkennbar. Hier habe ich entweder noch nicht tief genug in seiner Ausarbeitung gestiegen, oder er ist nicht über eine Andeutung hinausgekommen. Bei Galbraith ist es zwar sehr kurz aber auch sehr präzise behandelt und bietet für mich einen ersten Ausgangspunkt für weitere Recherche.

Seine Aufteilung von Macht in Instrumente und Quellen bietet eine Grundlage, womit man die verschiedene Machtpositionen der verschrienen beteiligten Gruppen einteilen kann. Von den drei Machtinstrumenten verfügte der Großherzog fast als einzige der Gruppierung über die angemessene Bestraffung. Die Polizei, Justiz und Militär waren eindeutig Instrumente, die fast ausschliesslich ihm zur Verfügung standen. Dagegen reichten bei ihm die finanzielle Mittel nicht um daraus eine Machtposition zu etablieren.

Erstaunlicherweise spielte das Bürgertum bei der Entstehung der Verfassung kaum eine Rolle. Obwohl man Personen aus dieser Gesellschaftsklasse bei den „Schwarzen“ findet, waren sie nicht die Hauptfiguren. Es ist aber möglich das ihr Kapital bei der Erstellung von Flugblätter und andere publizistische Erzeugnisse eine Rolle spielten.

Die Gruppen, die möglicherweise am einflussreichsten waren, hatten allerdings ganz wenig Zugriff auf die Instrumente der angemessenen Bestraffung und kompensatorische Belohnung. Sie sind also mehr oder weniger gezwungen Möglichkeiten zu finden Macht durch die dritte Instrument auszuüben; die Konditionierung also Überzeugung. Geschickt bauten sie einen Programm basierend auf anerkannten deutschen Sitten neu gefundene Glaube an von Gott gegeben Menschenrechte und Prinzipien der Volksvertretung. Mit diesem Programm leisteten Sie Überzeugungsarbeit mit Hilfe moderne Methoden zur Verbreitung von Ideen und Argumente (Flugblätter, Lieder und Liedheften, Untschriftsaktionen, Korrespondenz und Inszenierungen).

Es ist aber hier wichtig zu erwähnen, dass es immer eine Kombination der verschiedene Instrumente und Quellen bei den verschiedenen Gruppierung in Spiel waren. Zum Beispiel verwendeten die Anhänger der „Schwarzen“ als die Lage 1819 zuspitzte das Instrument „angemessene Bestraffung“ in dem Sie Verweigert haben Steuer zu bezahlen. Sie waren der Gegenmacht der Regierung (das Militär) zwar unterlegen, und gaben hier die Verwendung relativ schnell auf. Sie erreichte aber auch hierdurch eine Reaktion der Regierung und möglicherweise eine Beschleunigung bei der Einführung der Verfassung. Alle Anstrengungen der „Schwarzen“ wären aber vergeblich, wenn sie nicht aus der Machtquelle „Organisation“ ständig schöpfen könnten.

Auch die Befürworter der Verfassung in der Regierung nutzte die Organisation und Überzeugung, um ihre bevorzugte Repräsentativverfassung einzuführen.

Als letztes kann man auf die Behauptung Galbraiths zurückgreifen, um die Schwächung der Bewegung nach der Einführung der Verfassung zu erklären. Die Macht der Organisation steht in direkten Verhältnis mit der Zusammenhalt innerhalb der Organisation. Nach der Einführung fing die Zersplitterung der Gruppe an. Auch die Größe der Gruppe steht in Verhältnis zu ihrer Stärker. Hier ist das Verhältnis umgekehrt. Je größer der Organisation desto schwächer wird sie, weil das Streben nach einem gemeinsamen Ziel immer schwieriger wird.

Ich bin nur am Anfang und meine Gedanken hierzu sind noch nicht richtig geordnet. Es ist aber schon erkennbar, dass weitere Forschung in dieser Richtung sich lohnen werden.